Besonderheiten beim Kauf von Neubauten in Frankreich

Gegenstand des vorliegenden Artikels sind die zahlreichen Besonderheiten und Schutzvorschriften die beim Erwerb einer erst noch fertigzustellenden Immobilie (vente d’immeubles à construire) in Frankreich zu beachten sind.

Die entsprechenden Vorschriften finden sich zum größten Teil im Zivilgesetzbuch (Code civil, fortan kurz: Cc), daneben aber auch im Code de la construction et de l’habitation, fortan kurz: CCH. Unterschieden werden hierbei die folgenden drei geläufigen Vertragsformen:

1. Kauf im Zustand der zukünftigen Fertigstellung (VEFA)

Die Vente en l’état futur d’achèvement (VEFA) wird relevant, wenn ein Bauträger entscheidet, auf einem ihm gehörenden Grundstück ein Gebäude zu errichten und die Gesamtheit (Grundstück und Gebäude) an einen Dritten zu veräußern. Die gesetzliche Regelung findet sich in Art. 1601-2 Code civil und L. 261-1 ff. CCH.

Ihre Besonderheit liegt darin, dass der Vertrag bereits vor Beginn der Konstruktionsarbeiten abgeschlossen wird und der Erwerber mit Vertragsabschluß bereits Eigentümer des Grundstücks und danach progressiv fortschreitend mit der Fertigstellung einzelner Konstruktionsabschnitte auch Eigentümer an dem Gebäude wird.

In der Regel verläuft der Vertragsabschluß auch hier in zwei Phasen : Der Käufer muss zunächst einen Reservierungsvertrag (contrat de réservation) mit dem Bauträger unterzeichnen. Zu diesem Zeitpunkt wird mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen, vielmehr erlaubt der Vorvertrag dem Bauträger, die Nachfrage und die Rentabilität des Projekts zu prüfen. Wenn letzteres bejaht wird, wird ein endgültiger notarieller Kaufvertrag (acte de vente) abgeschlossen und mit der Konstruktion begonnen.

a) Reservierungsvertrag (contrat de réservation)

Der Reservierungsvertrag ist eine besondere Art des bereits oben dargestellten zweiseitigen promesse, und enthält u.a. folgende zwingende (vgl. L. 261-15 CCH ff.) Angaben:

  • Detaillierte Beschreibung des zu errichtenden Gebäudes, seiner Bestandteile und des Zubehörs (description détaillée du futur logement);
  • Technischer Anhang (note technique sommaire), in dem die Lage der Wohnung oder des Hauses, die Architektur, die Baustoffe, die Ausstattung und etwaige Gemeinschaftsanlagen genau beschrieben werden;
  • Kaufpreis und Bedingungen, unter denen eine Anpassung des Preises möglich ist unter Berücksichtigung des sog. indice national du bâtiment tous corps d’état;
  • Datum der notariellen Beurkundung ;
  • Daten der Ausführung und Fertigstellung der Arbeiten;
  • Die Leistung einer Garantie-Anzahlung durch den Resevierenden mit den folgenden Besonderheiten : Je eher der Vertrag unterzeichnet wird, desto geringer fällt die Höhe des Anzahlungsbetrages aus. Er beträgt zumeist 5% des voraussichtlichen Preises, wenn der Kaufvertrag innerhalb des nächsten Jahres abgeschlossen werden soll und 2% wenn der Kaufvertrag erst innerhalb der folgenden 2 Jahre abgeschlossen werden soll. Wenn der Vertrag erst in mehr als 2 Jahren abgeschlossen werden soll, darf der Bauträger überhaupt keine Anzahlung verlangen. Die Hinterlegung der Anzahlung unterliegt strengen Vorschriften.

b) Notarieller Kaufvertrag (acte authentique)

Die Unterzeichnung des Kaufvertrags hat innerhalb der im Reservierungsvertrag festgelegten Frist zu erfolgen. Er bedarf – anders als beim Kauf von bereits errichteten Gebäuden, s.o. – hier zwingend der notariellen Form nach Art. L. 261-11 CCH. Der Bauträger hat dem Käufer ferner einen Entwurf der notariellen Urkunde bereits einen Monat vor dem Unterzeichnungsdatum zu übermitteln. Dem Käufer wird diese Frist eingeräumt, um überprüfen zu können, dass die Vertragsbedingungen mit denen des Reservierungvertrages übereinstimmen.

Wenn im Übrigen nicht hinnehmbare Abweichungen (différence anormale) zwischen beiden Verträgen bestehen, kann der Käufer die Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages ablehnen und die Rückzahlung der gesamten Anzahlung (dépôt de garantie) innerhalb bestimmter Fristen zurückfordern.

Wenn hingegen der Verkäufer die Unterzeichnung ablehnt, hat er die geleistete Anzahlung an den Käufer zurückzuzahlen und setzt sich darüber hinaus Schadensersatzansprüchen des Käufers aus.

Die näheren Regeln über die Fertigstellung, Abnahme und Gewährleistung im Rahmen des VEFA- Vertrags ist ein besonderer Artikel gewidmet.

2. Zielkauf (VAT)

Durch den Zielkauf (vente à terme, kurz: VAT) nach Art. 1601-3 Code civil wird der Käufer erst mit der vollständigen Fertigstellung der Konstruktion Eigentümer. Die Zahlungen, die er leistet, werden nicht direkt an den Verkäufer geleistet, sondern an ein Bankinstitut, das die Fertigstellung des Gebäudes garantiert bzw. hierfür haftet.

Dieser Vertragstyp ist in der Praxis wesentlich weniger geläufig als die vente en l’état futur d’achèvement (VEFA) und der contrat de construction de maison individuelle (CCMI) und wird daher hier nicht weiter dargestellt.

3. Vertrag über die Errichtung eines individuellen Wohnhauses (CCMI)

Im Gegensatz zum VEFA und dem VAT ist beim Vertrag über die Errichtung eines individuellen Wohnhauses (contrat de construction de maison individuelle, fortan kurz: CCMI) der Bauherr (maître de l’ouvrage) bereits Eigentümer eines Grundstücks, das er von einem fremden Unternehmer bebauen lassen möchte.

Zusammen mit dem Bauherrn (maître de l’ouvrage) wird dann allerdings kein Kaufvertrag geschlossen, sondern ein sog. Konstruktionsvertrag, der eine Sonderform des Werkvertrages (contrat du louage d’ouvrage) nach Art. 1792 Cc ff. darstellt.

Das Gesetz unterscheidet zwei Typen von derartigen Konstruktionsverträgen :

a) CCMI – Bauunternehmer liefert die Konstruktionspläne

Am häufigsten liefert der beauftragte Bauunternehmer (constructeur) auch gleich die für den Bau nötigen Konstruktionspläne. Die näheren Einzelheiten regeln hier Art. L 231-1 ff. und R 231-1 ff. CCH, nach denen zusammengefasst folgendes gilt:

– Allgemeiner Vertragsinhalt

Regelmäßig enthält der Vertrag, der zwar nicht notariell beurkundet werden muss, aber der Schriftform unterliegt, neben den Angaben über Art, Ausmaß und Kosten der Konstruktion sowie den weiteren Vertragsbedingungen auch aufschiebende Bedingungen, wie z.B. die Erteilung der Baugenehmigung (permis de construire) sowie gegebenenfalls der erfolgreichen Finanzierung oder des Grundstückserwerbs durch den Bauherren.

Vor Unterzeichnung des Vertrages darf der Bauunternehmer keine Zahlungen des Bauherren annehmen. Mit der Unterzeichnung hat der Bauherr an den Bauunternehmer allerdings eine Garantiezahlung (dépôt de garantie) in Höhe von 3 % des Preises zu leisten.

An den Vertrag angefügt werden die Konstruktionspläne und –zeichnungen, weitere Technische Beschreibungungen und insbesondere Nachweise über die vom Baunternehmer zwingend abzuschließenden Versicherungen.

Nach Vertragsabschluß verfügt auch der Bauherr über das 7tägige Widerrufsrecht nach der loi SRU, das oben bereits dargestellt wurde.

– Konstruktionspreis

Zum Schutz des Bauherren regelt das französische Gesetz, dass der Gesamtkonstruktionspreis nach Bauabschnitten mit den folgenden prozentualen Höchstbeträgen zu zahlen ist:

15% bei Eröffnung der Baustelle (einschließlich der Garantieanzahlung), 40% bei Fertigstellung der Rohmauern, 60% bei Fertigstellung des Dachs, 75% bei Fertigstellung des Innenausbaus und 95% bei Fertigstellung der übrigen Ausstattungsarbeiten. Die letzten 5 % sind zahlbar innerhalb von 8 Tagen nach der Abnahme, wenn diese ohne Vorbehalte erfolgt ist.

– Haftung des Bauunternehmers und Versicherungschutz

Wiederum zum Schutz des Bauherren vor den Risiken der Mangelhaftigkeit oder der fehlenden Fertigstellung des Bauwerks hält der französische Gesetzgeber zahlreiche Rechte vor. Ferner macht er es für den Bauunternehmer zur Pflicht, seine entsprechenden Pflichten durch den Abschluß von Versicherungsverträgen, die bei Vertragsabschluß vorzulegen sind, abzusichern:

– Fertigstellungsgarantie (garantie de livraison)

Wenn der Bauunternehmer – beispielsweise wegen zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz – nicht in der Lage ist, die Konstruktion fertigzustellen, wird der Bauherr durch eine obligatorische sog. Liefergarantie (garantie de livraison) abgesichert, Art. L. 231-6 CCH. Die entsprechende Garantie wird zumeist von einer Bank abgegeben, die sich ähnlich einem Bürgen verpflichtet, für die Fertigstellung der Konstruktion aufzukommen.

– Mängelgewährleistung

Nach der Abnahme des Gebäudes verfügt der Bauherr über folgende Gewährleistungsrechte:

  • über eine einjährige Garantie (garantie de parfait achèvement) für alle Mängel, die bei der Abnahme oder später durch besondere schriftliche Rüge angezeigt wurden, Art. 1792-6 Cc.
  • über eine mindestens zweijährige Garantie (garantie biennale) für Mängel an der nicht fest mit dem Grundstück verbundenen Ausstattung (éléments d’équipement dissociables), Art. 1792-3 Cc. Hierunter fallen z.B. Fenster- und Fensterläden, Türen, Elektro- und Heizungsinstallationen.
  • über eine zehnjährige Garantie (garantie décennale) für alle Mängel an der Solidität der Immobilie oder solche, die einen bestimmungsgemäßen Gebrauch unmöglich machen (désordres portant atteinte à la solidité de l’immeuble ou le rendant impropre à sa destination), Art. 1792 und 1792-2 Cc. Gemeint sind hiermit Mängel am Rohbau und bestimmte, mit diesem fest verbundene Ausstattungselemente.

Der Bauunternehmer ist verpflichtet, zur Deckung der entsprechenden Haftung Versicherungen abzuschließen, sog. assurance dommages ouvrage (kurz: assurance DO) und assurance de responsabilité décennale, Art. L. 241-1 und L. 241-2 Code des assurances. Die Nichtbeachtung der Vorschriften wird strafrechtlich sanktioniert.

b) CCMI – Bauherr selbst liefert die Konstruktionspläne

In dem weniger geläufigen Fall, in dem der Bauherr einen Bauunternehmer beauftragt, das Gebäude nach von ihm selbst beigebrachten Plänen zu konstruieren, ist sein gesetzlicher Schutz verständlicherweise eingeschränkt:

Zum einen ist die progressive Staffelung der Zahlung nach fertig gestellten Bauabschnitten anders als beim CCMI, bei dem der Bauunternehmer den Bauplan liefert, weder zwingend noch üblich.

Allerdings bedarf auch dieser CCMI der Schriftform. Daneben verfügt der Bauherr auch hier über das 7-tägige Widerrufsrecht nach der loi SRU. Schließlich profitiert er in der Regel von allen bereits genannten Garantien bei fehlender Fertigstellung und bei Baumängeln, soweit diese nicht auf eine Fehlerhaftigkeit des Plans oder ein sonstiges eigenes Verschulden des Bauherrn zurückzuführen sind.

Die näheren Einzelheiten regeln Art. L 232-1 f. und R 232-1 f. CCH.

Stand: 01.11.2017
Autor: Armin Vigier, Rechtsanwalt-Avocat

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